Der aserbaidshanische Komponist Faradsh Karajew. Porträtskizze Von O.Felser / A.Bretanizkaja Die folgenden Beiträge sind dem Schaffen des aserbaidshanischen Komponisten Faradsh Karajew (geb. 1943) gewidmet. Der vorangestellten Porträtskizze von O.Felser und A.Bretanizkaja folgen Auszüge aus einem Gespräch, das Hannelore Gerlach im September 1987 mit Faradsh Karajew führte. Die Redaktion „…Dichter, du glaubst, daß das Schöne alles Unglück der Menschen besiegen kann. Ich hatte auch daran geglaubt.”[1] William Carlos Williams
(An Rene Char, aus dem Gedicht „Dem auf der Straße
überfahrenen Hund”) Von der Bühne, auf der sich die Sängerin und ein selbst heute recht ungewöhnliches Orchester[2] zusammengefunden haben, dringen Geräusche ans Ufer schlagender Wellen und wehmütiges Möwengeschrei zu uns. Ein tiefer Baß liest Verse von Carl Sandburg. „Ist es nicht furchtbar, einsam zu sein?” – mit dieser Frage beginnt der aserbaidshanische Komponist Faradsh Karajew sein Monodrama “Journey to love” [3] („Reise ins Land der Liebe”). Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Canio und Nedda, Pelleas und Melisande… Gibt es für die Liebe den Begriff der Modernität? Und warum werden in der Kunst immer wieder aufs neue Fragen gestellt, die dann zuweilen doch ohne Antwort bleiben? Denken wir nur an Schönbergs „Verklärte Nacht” nach einem Gedicht von Richard Dehmel und ebenso an sein Monodrama „Erwartung” nach einem Libretto von Marie Pappenheim, „La Voix humaine” von Cocteau und Poulenc, „Das russische Heft” von Väleri Gawrilin… Die Stimme des Meeres verhallt. Gleichsam aus der Stille werden vereinzelte Akkordeontöne hörbar. Als Antwort erklingen die Klaviere mit schönen, weichen Puccini-Harmonien. Der Sopran singt Robert Graves' ”Liebesgedicht „Wiedersehen”: Drowsing in my chair of disbelief I watch the door as it slowly opens – A trick of the nightwind? Your whisper is too soft for credence, Your tread like blossom drifting from a bough, Your tpuch even softer. And though a single word scatters all doubts I quake for wonder at your choiee of me: Why, Why and Why, (The Visitation. Graves, R.) Faradsh Karajews 1978 entstandenes Monodrama „Reise ins Land der Liebe” ist nach zeitgenössischen englischen, französischen, spanischen, italienischen und türkischen Gedichten geschrieben und wird in der jeweiligen Originalsprache gesungen. Held des Monodramas ist unser Zeitgenosse: stark und zärf-
lieh, hoffend und zweifelnd, entschlossen und niedergeschlagen, feinfühlig und zu tiefem Erleben fähig. Nicht zufällig verwendet der Komponist ausschließlich Gedichte männlicher Verfasser: Carl Sandburg, Robert Graves, Jacques Prevert, Rene Char, Giuseppe Ungaretti, Lawrence Ferlinghetti, Edward Estling Cummings, Cesar Vallejo und Nazim Hikmet. Der Solopart jedoch ist einer Frauenstimme übertragen: Sie ist eher ein Instrument, eine Klangfarbe – freilich die erste unter gleichberechtigten. Die Frauenstimme bringt in die Komposition etwas Unpersönliches, Verallgemeinertes. Das „Solo” wird zunächst dem Tonbandgerät übertragen. Wie eine Erinnerung an glückliche Zeiten erklingt Jazzmusik. Gleichzeitig wird die Antithese zu diesem Klangbild vorbereitet: Die Tonbandaufzeichnung klingt zunehmend verzerrt, knisternde Geräusche dringen ein, und das hohe Streicherpizzikato wirkt aufreizend. Der Sopran schweigt hier. Nur dreimal tauchen im unablässigen Fluß des Orchesterklangs kleine „Inseln” erregter Intonationen auf, so ein Gedicht von Prevert: Dans les maneges du mensonge Le cheval rouge de ton sourire Tourne Et je suis la debout plante Avec le triste fouet de la realite… (Le cheval rouge. Prevert, J.) Die Ereignisse geraten aus der Kontrolle der Vernunft. Das musikalische Gewebe zerreißt. Seltsame phantasmagorische Klänge zu einer Gedichtmontage von Rene Char erfüllen den Raum: …L'ignominie avait l'aspect d'un verre d'eau… (Faction du muet. Char, R.) …Le soleil en disparaissant avait coupe ton visage. Ta tete avait roule dans la fosse du ciel et je ne croyai plus au lendemain… (L'inoffensif. Char, R.) Das Orchester ist verstummt: „Auf der Insel der lärmenden Papageien ist kein Platz für ein einsames Haus” (Henri Michaux). Elektronische Musik hat die Funktion der Begleitung übernpmmen. Der Sopran verströmt gleichsam die sich wiederholenden Verzerrungen melodischer Wellen (Das Gedicht „Einsamkeit” von G. Ungaretti): Ma le mia urla feriscomo come fulmini la campana fioca del cielo Sprofondane impaurite (Solitudine. Ungaretti, G.) Nach einem Glockenschlag tritt Stille ein. Der erste Akt des Dramas ist beendet. Glocken, Vibraphon und Streicher – als Quartett, Trio und Duo möglichst auf der Bühne und im Saal verteilt – spielen auf sehr unterschiedliche Weise ihr Intermezzo. In der Atmosphäre der Zurückgezogenheit, ja der Irrealität, erklingt ein „impressionistisches” Adagio auf Lawrence Ferlinghettis Gedicht „Die Pfauen”: a cloche tolled twice once for the birth and once for the death of love that night (Peacocks. Ferlinghetti, L.) Die Verse verschiedener'Dichter – des Türken Nazim Hikmet, des Peruaners Cesar Vallejo, des Franzosen Rene Char und des Amerikaners Carl Sandburg sind hier durch eine eindeutig realisierte Idee miteinander verbunden; Jazz und Sonoristik, Mugam [4]; Aleatorik und elektronische Musik wurden von der geübten Hand des Komponisten zu einer anspruchsvollen Einheit verschmolzen. Der Zyklus, von dem hier die Rede ist, wurde bisher noch nicht uraufgeführt. [5] Überhaupt kann man Faradsh Karajews Musik nicht sehr häufig hören. Doch wenn sie erklingt, ruft sie stets das Interesse der musikliebenden Öffentlichkeit hervor. Über jede solcher Aufführungen wird lange diskutiert, sie finden ihre Resonanz in Zeitungen und Zeitschriften; auf der Grundlage handschriftlicher Notenmanuskripte werden bereits Diplomarbeiten über Werke von Faradsh Karajew geschrieben. Doch stellen wir den Komponisten zunächst einmal vor. Faradsh Karajew wurde 1943 in Baku geboren, 1966 absolvierte er das Staatliche Aserbaidshanische Usei'r-Gadshibekow-Konservatorium in der Kompositionsklasse seines Vaters Kara Karajew (1918-1982), einem der führenden Künstler und Pädagogen unserer Zeit, in dessen Klasse er auch Aspirant war. Ebenfalls 1966 nahm Faradsh Karajew selbst seine Lehrtätigkeit auf, und heute ist er ein Musiker, der über hohes kompositorisches Können verfügt und große Autorität genießt. Als Komponist ist Karajew, gleich seinem Lehrer, seiner künstlerischen Arbeit gegenüber sehr streng. Manch einer könnte vielleicht beanstanden, daß Faradsh relativ wenig geschrieben hat. Doch jedes aus seiner Feder stammende Werk ist das Ergebnis einer gründlich durchdachten, lange ausgetragenen Idee, einer endlich gefundenen Entsprechung zwischen Inhalt und Form, ein neuer Schritt zur künstlerischen Selbstfindung des Autors. Geographisch gesehen haben seine Werke schon recht weite Verbreitung gefunden. Außer im heimatlichen Aserbaidshan erklangen sie auch in Moskau, Leningrad, Jerewan, Tbilissi und Alma-Ata. Sein Ballett „Schatten Kobystans” wurde (während eines Gastspiels des Ballettensembles des Aserbaidshanischen Opern- und Ballett-Theaters „M. F. Achundow” im Jahre 1969) in Paris und Monte Carlo aufgeführt, und i das Ballett „Kaleidoskop” wurde 1980 in Antwerpen gezeigt. Insgesamt jedoch ist Karajews Musik nicht sehr häufig zu hören. Seine letzten, wichtigsten und interessantesten Werke harren bedauerlicherweise sogar noch ihrer Uraufführung, was sich am ehesten noch mit ihrer ungewöhnlichen Besetzung erklären ließe. Einige Werke seien an dieser Stelle genannt[6]: 1966 – Musik für Kammerorchester, Schlagzeug und Orgel 1967 - „Concerto grosso” zum Gedenken an A. Webern - Sonate Nr. 2 für Klavier 1969 – „Schatten Kobystans”, Ballett nach einem Libretto von R. Achundowa und M. Mamedow 1970 – „Kaleidoskop”, Ballett nach einem Libretto von I. Dadaschidse und R. Achundowa - Suite aus dem Ballett „Kaleidoskop” 1971 - Sinfonische Suite aus dem Ballett „Schatten Kobystans” 1973 – Konzert für Klavier und Kammerorchester 1975 – „Der Morgen des dritten Tages”, Oper nach dem Stück „Eurydice” von Jean Anouilh 1976 – Sonate für zwei Ausführende 1978 – „Reise ins Land der Liebe”, Monodrama für Sopran und Kammerorchester nach Texten verschiedener Dichter 1979 – „Orpheus-Sinfonie”, szenisch-sinfonische Retrospektive 1980 – „La Quinto del Sordo” – „Goya”, Sinfonie für Knabenchor, gemischten Chor und Sinfonieorchester (zusammen mit Kara Karajew) 1981 – „Tristessa II”, Sinfonie für Sinfonie- und Kammerorchester 1982 – „Tristessa I”, Abschiedssinfonie fürKammerorchester - „Ich habe mich von Mozart auf der Karlsbrücke in Prag verabschiedet”, Serenade für großes Sinfonieorchester 1983 – „1791”, Serenade für kleines Sinfonie-orchester [7] – „Warten auf ...”, Tragikomödie (szenische Musik) nach dem Drama von Samuel Beckett 1984 – „In memoriam”, Suite für Streichquartett (Dem Gedächtnis A.Bergs) 1985 – „A little crumb of music…, (for George Crumb), to the memory of Samanta Smith” für Kammerensemble Natürlich war Faradsh Karajew nicht sofort ein Komponist 'mit individuell ausgeprägtem künstlerischem Profil. Er hat Musik verschiedenster Genres und in unterschiedlicher stilistischer Manier geschrieben. In Ansätzen reiften jedoch bereits in diesen Werken Wesenszüge der deutlich erkennbaren Individualität Faradsh Karajews heran. Seine Diplomarbeit „Musik für Kammerorchester, Schlagzeug und Orgel” bildete die erste Stufe der freien Entfaltung zu jener Schreibweise, die später für ihn kennzeichnend wurde. Man könnte diese Musik als Selbstporträt eines jungen Menschen bezeichnen, der sich in die Welt stürzt, von der sich ihm bietenden Fülle wie betäubt ist, das Leben gierig in sich aufnimmt und es gleichzeitig rational zu durchdringen sucht. Insgesamt ist das Werk eine Verbindung aus Naivität und emotionaler Frische, geschaffen mit solidem handwerklichem Können, dem man die Karajewsche Schule sehr wohl anmerkt. Dieses Werk hat zweifellos seinen Platz im Musikleben gefunden, und auch heute noch, nach fast zwei Jahrzehnten, überzeugt es künstlerisch, selbst wenn es in seiner Bedeutung späteren Werken Faradsh Karajews nachsteht. Eines der ersten Beispiele des für den Komponisten so wichtigen Zusammentreffens unterschiedlicher Gefühlsebenen kommt einem in den Sinn: die Coda des Finales – ein poesievolles Nachwort des Komponisten. Die leiser werdenden Cluster (gerade sie bilden eine wichtige klangliche Komponente des Werkes) wechseln mit ruhigen, gleichmäßigen Wiederholungen des g-Moll-Quartsext-akkordes in den Streichern. Traurig, jedoch ehrlich und mit Nachdruck, vielleicht sogar etwas naiv, scheint das Fagott zu fragen: Wo ist Licht? Wo ist Schatten? Zum ersten Mal stellt der junge Komponist, obgleich zaghaft, die Frage: Wenn „Ja” und „Nein” gleichermaßen real sein können, was ist dann überhaupt „real”? Nach Abschluß der Ausbildungszeit am Konservatorium setzt eine andere Entwicklung ein. Karajew wendet sich dem intensiven Grundlagenstudium der Musik führender Meister unseres Jahrhunderts zu und versucht, sich nicht nur die Technik, sondern auch Prinzipien heutigen Musikdenkens anzueignen.[8] Welche Einflüsse haben auf den angehenden Komponisten eingewirkt, und wie finden sie in seiner Musik ihren Niederschlag? Es ist schwierig, auf diese Frage eindeutig zu antworten. Die Traditionen der russisch-sowjetischen Meister, wie Prokofjews und Schosta-kowitschs, hatte er sich bereits in Konservatoriumszeiten angeeignet und ihre Einflüsse auf eine für einen heutigen Studenten völlig normale Weise umgesetzt. Spuren dieser Einflüsse zeigen sich zum Beispiel in der 1. Klaviersonate von 1965. Das Verhältnis zur Musik Weberns und Strawinskys gestaltete sich dagegen recht ungewöhnlich. 1967 entstanden beinahe zur gleichen Zeit zwei sehr unterschiedliche Werke: die 2. Klaviersonate, der es beschieden war, den Boden für die Entwicklung eines individuellen Stils zu bereiten (ausführlich zu diesem Werk später, in anderem Kontext), und das „Concerto grosso” zum Gedenken an Anton Webern, ein Werk, das sich generell von allem unterscheidet, was Faradsh Karajew bis zu dieser Zeit geschaffen hatte.. Dieses Werk freilich könnte schon allein deshalb Befremden auslösen, weil es die Zahl der Werke, die Webern gewidmet sind und die vom Umfang her das künstlerische CEuvre des großartigen Vertreters der Neuen Wiener Schule um einiges übertreffen, lediglich um eins vermehrt. Was konnte dem jungen Musiker die Hinwendung zu Webenr bringen? In seiner Begeisterung für Webern war der junge, angehende Komponist davon überzeugt, daß er sich die geistige Haltung sowie die Kompositionstechnik Weberns nur auf dem Weg des Kopierens aneignen könne. Als „Modell” für das „Concerto grosso” diente Weberns Sinfonie op. 21. Um so bemerkenswerter ist es, daß Karajews Handschrift selbst bei solchem kompositorischen Herangehen erkennbar bleibt. Dies trifft vor allem auf das Motto der letzten Variation (mit zwei Oboen) zu sowie auf die sich gleichsam auflösende Musik der Coda, in der erstmals Dynamik-Anweisungen erscheinen, wie sie für den heutigen Karajew so typisch sind: ppp pp, pp ppp. Wenn man verfolgt, welchen Weg Faradsh Karajew bei seiner Auseinandersetzung mit dem Scharfen der Großen des 20. Jahrhunderts gegangen und von wem er beeinflußt worden ist, dann muß auch der Name Strawinskys genannt werden. Und wenn es sich hier auch nicht um den direkten Einfluß Strawinskys handelt, muß an dieser Stelle doch auf das Ballett „Schatten Kobystans” (1969) eingegangen werden. Kobystan (von den Aserbaidshanern Gabustan gesprochen) ist ein etwa hundert Kilometer von Baku entferntes Bergplateau, wo man Felszeichnungen aus prähistorischer Zeit finden kann. Das archäologische Naturschutzgebiet von Kobystan stellt eine äußerst wertvolle Quelle für unsere Kennte nisse über Lebensweise, Sitten und Bräuche sowie über das Niveau des künstlerischen Denkens bei den Vorfahren der aserbaidshanischen Nation dar. Zu den Zeugnissen der Kultur Kobystans gehören auch solche über frühe Formen von Musik und Tanz. Das Ballett Faradsh Karajews besteht aus vier Episoden („Das Feuer”, „Die Sonne”, „Die Jagd” und „Der Künstler”), in denen einige der auf Musik und Tanz bezogenen Felszeichnungen aus Kobystan zum Bühnenleben erweckt wurden. Der suitenähnliche Charakter des Werkes ist eher äußerlich, beherrschend ist die durchgängige Grundidee des Balletts – die Idee von der Geburt des MENSCHEN, von der Geburt des KÜNSTLERS. Wenn der Name des genialen Schöpfers des „Frühlingsopfers” erwähnt wird, muß dennoch betont werden, daß sich hier bereits eine sehr individuelle Sicht und Haltung zur Tradition abzeichnet, die sich im ideellen Herangehen an die Thematik zeigt: eine humanistische Betrachtungsweise des menschlichen Wesens, eine Lobpreisung weniger seiner ursprünglichen Natur, seines instinkthaften Strebens nach dem bloßen Überleben, als vielmehr der geistigen, schöpferischen Kraft, die den Menschen über alles auf der Welt Existierende erhebt. [9] Das einaktige Ballett „Schatten Kobystans” und die Suite daraus widerspiegeln die beachtliche Erfahrung des Komponisten in der Arbeit mit dem Orchester. [10] Das Ballett ist sinfonisch gestaltet. Innerhalb kleinerer Abschnitte sowie in der Gesamtdramaturgie werden gewissermaßen stabilisierende Faktoren wirksam, darunter die grundlegende Rolle durchgehender Themen und melodischer sowie rhythmischer Wendungen. Von besonderem Interesse ist unter diesem Aspekt das Finale: der Heldentanz „Jally”. (Gezeigt werden Jäger bei der Treibjagd.) Hier sind die in der Partitur sonst vereinzelt eingestreuten thematisch-motivischen Keimzellen wie in einem Knotenpunkt konzentriert. Auffallend ist, daß sich hier erstmals das theatralische Element bei der Arbeit mit dem musikalischen Material, bei der plastischen Gestaltung der musikalischen Entwicklung deutlich zeigt. Nach der Diplomarbeit („Musik für . . .”) ist das Ballett „Schatten Kobystans” der zweite Versuch, ein großangelegtes, konzeptionell sorgfältig durchgestaltetes Werk zu schaffen und inhaltliche Absichten genau und deutlich umrissen zu realisieren – eine neue Stufe künstlerischer Selbstbefreiung. Rein äußerlich hatte das Ballett guten Erfolg. Es wurde 1969 auf der Bühne des Staatlichen Aserbaidshanischen Opern-und-Ballett-Theaters „M. F. Achundow” in der Choreographie der Librettisten R. Achundowa und M. Mamedow uraufgeführt (Dirigent war R. Abdulajew) und steht bis heute im Repertoire dieses Theaters. Es wurde in Paris und Monte Carlo gezeigt und bei der Schallplattenfirma „Melodija” aufgezeichnet. Die Suite erklang in Moskau und Prag. Außerdem löste es ein überaus wichtiges, zunächst kaum bemerkenswertes Ereignis aus: Der ältere Karajew schlug seinem Sohn die Mitarbeit an der Musik zum Film „Goya” vor. Der Film hatte beachtlichen Erfolg, und die kompositorische Arbeit wurde mit gutem Grund als eine der wichtigsten Komponenten des künstlerischen Ganzen eingeschätzt. [11] „Kobystan” gab dem Komponisten selbst ein Gefühl für die Breite seiner handwerklichen Möglichkeiten, ein besonderes Vertrauen in die Beherrschung der Instrumentierungskunst. So entsteht auch unmittelbar nach dem ersten Ballett die Idee für das nächste: „Kaleidoskop” (1971, nach Musik von Domenico Scarlatti). Hatte „Kobystan” den Einfluß Strawinskys lediglich indirekt erkennen lassen, so tritt er im einaktigen Ballett „Kaleidoskop” ganz offenkündig zutage. Schon die Idee, einen sujetlosen Einakter zu scharfen, der nach dem Vorbild der klassischen Choreographie getanzt wird, wurde in beträchtlichem Mäße durch einige Partituren Strawinskys angeregt. Die Verfahrensweise Faradsh Karajews, sich der Klaviersonaten Scarlattis anzunehmen, erfolgte ganz aus der Sicht der neoklassizistischen Ästhetik Strawinskys („Kaleidoskop” als eine Art „Pulcinella”, dem die Erfahrung mit „Agon” vorausgegangen war). Eine differenzierte Instrumentierung[12], ein bis zur Verliebtheit gesteigertes, raffiniertes Verhältnis zu den Orchesterfarben verleihen dem Werk den Anstrich eines gewissen Ästhetizisrnus: ein originelles Spiel des „Magisters” mit „Scarlattischen Perlen”. Innerhalb der ersten Schaffensetappe zeichnet sich in Karajews Arbeiten immer deutlicher eine neoklassizistische Tendenz ab, die ihren Höhepunkt im Konzert für Klavier und Kammerorchester (1973) findet. Sie hat mit der Sonatine für Klavier von 1963 ihren Anfang genommen und in der Kantate „Bunte Geschichten” auf Texte von Claudius Aelianus (1964) sowie in der Polyphonen Kindersuite für Klavier (1968) ihren klaren Niederschlag gefunden. Dabei demonstriert der Autor immer sicherer sein Verhältnis zum Objekt, zum gewählten Stil, zum Modell. Immer deutlicher bricht sich seine eigene künstlerische Haltung, seine Lebensauffassung Bahn. Im Klavierkonzert bleibt dieses „Ich” des Autors nur noch mit Mühe im Rahmen des Neoklassizistnus, und im Finale schließlich bricht es offen mit ihm. Das Konzert für Klavier und Kammerorchester ist in vielerlei Hinsicht aufschlußreich.[13] Vor allem ist es nach der sieben Jahre zuvor entstandenen „Musik für …” das erste große, konzeptionell und stilistisch „reine” Werk. Der Anfang des ersten Satzes löst beim Hörer die Vorstellung aus, als würde er die Fortsetzung eines Konzerts von Strawinsky erleben. Die technische Meisterschaft, die hier gezeigt wird, wirkt mitunter virtuos - beispielsweise in der Gestaltung der Kadenz: einer als Toccata (seeco) angelegten dreistimmigen Klavierfuge. Ein hohes technisches Niveau zeichnet auch den zweiten Satz aus, der für obligate Solostimmen (Flöte, Oboe, zwei Violinen, Viola und Klavier) geschrieben ist. Er erweist sich als eigenwillige „Triosonate”, als Arie, die durchgängig in zartem und wohltönendem Ausdruck gehalten ist. Die kompositionstechnische Gestaltungsweise und der Charakter erinnern hier an eine Musizierhaltung im Sinne der langsamen Sätze aus Bachs „Brandenburgischen Konzerten”. Das Finale weist zunächst darauf hin, daß der Komponist die Absicht hatte, den Zyklus symmetrisch zu schließen. In dem Moment jedoch, als die „planmäßige” Entwicklung scheinbar ihrem Ende zugeht, und nur noch die Coda aussteht, hört man das Läuten eines Türgongs (mit einem kurzen melodischen Motiv – d. Übers.). Der Eindruck dieses Einbrechens der realen Wirklichkeit ist unerwartet stark. Der Fluß der Musik wird hierdurch völlig gesprengt. Jazzimprovisationen am Flügel, ein ausgedehntes Thema von Streichern und Trompete im Fortissimo (eine Collage aus einem Stück von Emerson) wirken als „Assoziationskette”, als „Bewußtseinsstrom” und schaffen eine Verwirrung der Gefühle. Wir sind zum Wichtigsten gelangt, was das Konzert zu einem entscheidenden Werk für die Herausbildung der kompositorischen Individualität Karajews werden läßt. In diesem Konzert nämlich rückt die „Imitation des Modells”, die durch Vorbilder ausgelöste Faszination und Ehrfurcht, in den Hintergrund. Namentlich in diesem Werk, das sei noch einmal unterstrichen, künden sich Züge des heranreifenden individuellen Stils an, wird eine Hinwendung zum Objekt erkennbar. Betrachtet man das Finale des Konzerts vom Standpunkt heutiger Leistungen auf kompositorischem Gebiet, so muß man feststellen, daß die Arbeit mit „fremdem Material” hier deutlich zum Ausdruck kommende individuelle Besonderheiten aufweist, die in den nachfolgenden Werken beinahe den Rang einer künstlerischen Methode einnehmen. Dies findet seinen Ausdruck in einem konkreter werdenden System von Andeutungen und Allusionen. Als klar ausgeformte, dramaturgisch einem einheitlichen stilistischen System untergeordnete Zeichen verdeutlichen und begrenzen sie den assoziativen Bereich bis zum konkreten Hin-Eine kontinuierliche Analyse der Werke Faradsh Karajews in der frühen Etappe läßt folgende Gesetzmäßigkeiten zutage treten: Je stärker seine Musik individuelle Züge annimmt, je überzeugender das musikalische Bezugssystem ausgeprägt wird, um so bestimmter brechen sich charakteristische Eigenheiten der kompositorischen Position Faradsh Karajews ihre Bahn. Um das Besondere dieser kompositorischen Denkweise Faradsh Karajews besser erklären zu können, seien ein paar Bemerkungen allgemeiner Natur gestattet. Bekanntlich haben sich in der Musiksprache als eine ihr immanente Kategorie sehr wirkungsvolle Möglichkeiten melodischer Formulierungen ausgeprägt, die die Bedeutung von Symbolen mit beinahe verbaler Konkretheit erlangt haben. Sie bilden ein konkretisierendes „Zeichensystem”: ein individuelles im Schaffen des einzelnen Künstlers und ein allgemeines, für bestimmte Gattungen, Epochen usw. gültiges. Im 20. Jahrhundert haben solche musikalischen Zeichensysteme erstrangige Bedeutung erlangt. Zu dieser Metamorphose von „Fremdem” in „Eigenes” gehört sowohl die offene Einbeziehung der individuellen harmonischen und rhythmischen Gestaltungsmittel als auch die – ebenfalls offene – Verwendung fremder Musik innerhalb des eigenen Sprachsystems, wobei mit fremder Musik ebensogut das „Zitat” wie auch die „Collage” oder die „Reminiszenz” gemeint sein können, die der Erhellung des Inhalts eines wortlosen und hinsichtlich seiner Deutung schwierigeren Instrumentalwerkes dienen sollen. Freilich ist zu beachten, daß es sich bei solchem Inhalt auch schon um eine Verallgemeinerung handelt. Hiervon zeugt die stürmische Entwicklung der „Collagenwelle” mit ihren unterschiedlichsten Ausgangspunkten und Methoden im zeitgenössischen Musikschaffen. Jeder Komponist entdeckt sein Verhältnis zum bereits vorhandenen Zeichensystem: Ein Teil der Zeichen erweist sich für ihn als geeignet und brauchbar, andere wiederum als unannehmbar. Im ersten Falle nimmt ihre Nutzung zu; ihre Bedeutung wird'sogar hypertro-phiert (mitunter bis zu sehr vieldeutigen Systemen), im zweiten Fall werden sie aus der „Lexik” des Komponisten nahezu ausgeschlossen. Der sich auf solche Weise herausbildende Individualstil ermöglicht es, daß jedesmal eine neue Distanz zwischen dem Komponisten und dem Hörer entsteht. Es wäre völlig logisch, wenn der Leser einwenden würde, ob es nicht zu früh sei, in diesem Zusammenhang über das Schaffen eines Komponisten zu sprechen, der bisher nicht viel mehr als zwanzig Werke vorgelegt hat. Wir meinen, daß es sowohl deshalb nicht zu früh ist, weil sich unter diesen Arbeiten bereits sehr gute Leistungen befinden, als auch deshalb, weil der Komponist eine ernst zu nehmende Entwicklung absolviert und dabei bereits ein qualitativ neues Niveau erreicht hat. Ein Sprung in seinem Schaffen erfolgte 1976 mit der Sonate für zwei Ausführende. Genaugenommen schon etwas früher: 1975 nämlich unterbrach der Komponist seine Arbeit an der Oper „Orpheus” plötzlich, und innerhalb einer Nacht reifte eine neue Idee heran - die Idee der Sonate. Unmittelbar nach der Sonate entstanden das Monodrama „Journey to love”, „Goya” – eine Programmsinfonie (zusammen mit Kara Karajew), „Tristessa II” - eine Sinfonie für Sinfonie- und Kammerorchester (1981) sowie die „Orpheus-Sinfonie” (1979). Diese neuen Werke insgesamt unterscheiden sich in solchem Maße von den vorangegangenen, daß es mitunter scheint, als habe ein anderer Komponist sie geschrieben. Man muß allerdings sagen, daß sich nicht nur die Musik verändert hat. Auch Faradsh Karajew selbst hat in vielem eine Veränderung erfahren: Das Umfeld seiner gesellschaftlichen und all-gemeinmenschlichcn Sorgen hat sich vergrößert; ' vor unseren Augen ist eine Persönlichkeit herangewachsen. So beginnt mit der Sonate für zwei Ausführende die zweite, wahrhaft kreative Etappe im Schaffen Faradsh Karajews, Die Oper „Orpheus” blieb damals unvollendet. Doch in die Arbeit an diesem Werk hatte er sehr viel Kraft und Energie investiert, und es kristallisierten sich ästhetische Prinzipien heraus, die dann in nahezu allen folgenden Werken ihren Niederschlag finden und auch die emotionale Grundstimmung seines weiteren Schaffens prägen. Das Libretto zu „Orpheus” hatten Faradsh Karajew und Oleg Felser 1974 geschrieben: Aber sein wichtigster Autor ist wohl Jean Anouilh, dessen Drama „Eurydice” dem Sujet zugrundeliegt. Das Libretto sollte so beschaffen sein, daß das gesamte für eine Oper notwendige Material (Arien, Ariosi. Ensemble-nummern) aus Versen zeitgenössischer französischer Dichter montiert werden sollte. Mit den Versen von Henri Michaux, Jacques Prc-vert und Rene Char lag Karajews Musik weit-volle, über Liebe, Leben und Tod, Gut und Böse reflektierende Dichtung zugrunde. Von da an wurde poetische Schönheit zur bestimmenden Komponente all seiner Ideen und Gestaltungsmittel. Ein Detail ist hierbei nicht unwichtig: Wie im Stück von Anouilh ist auch in der Oper der Held ein Geiger. Die Geige – mit einem der Lyra vergleichbaren Verallgcmeinerungswert -wurde zu einem die Werkidee mittragenden Element. „Die Geige des Orpheus”, poetisches Symbol für die Liebe der Hauptfiguren, kennzeichnet die Ausdruckssphäre lyrischen Geigenklanges, der dem Komponisten sehr entgegenkam. Das Hauptthema des Violinkonzertes von Alban Berg und die ersten Takte des Violinkonzerts von Kara Karajew wurden hier absorbiert. Warum die Oper unvollendet blieb, erklärt uns zum Teil der musikalische Inhalt der Sonate für zwei Ausführende, in der sich gleichsam das ideelle Substrat der Oper in „Reinkultur” konzentriert und mit instrumentalen Mitteln verallgemeinert wird. Diese Idee wurde auch in einer dem ursprünglichen Anliegen noch näher stehenden Form realisiert: Einige Jahre später entsteht die „Orpheus-Sinfonie” mit dem Untertitel f,szenisch-sinfonische Retrospektive”. Sie 'könnte mit gleichem Recht und Erfolg auch „Eurydike-Sinfonie” heißen: Von .der kompositorischen Idee her stellt sie ein Doppelkonzert für Violine, Sopran und Sinfonieorchester dar. An der in sich geschlossenen Partitur fallen sofort zwei gegensätzliche Tendenzen auf: Einerseits führt allein das Prinzip des Programmcharakters genetisch auf die „theatralisierte Sinfonie” Berlioz' zurück. Die musikalische Struktur ist klar eingeteilt in Handlungsabschnitte, in Szenen. Noch näher steht hier als Prototyp vielleicht Alban Bergs „Lulu-Sinfonie” („Sinfonische Stücke aus der Oper ,Lulu'”, auch „Lulu-Suite” – d. Übers.) Andererseits enthält der vierteilige Zyklus der „Orpheus-Sinfonie” nicht vier einzelne, abgeschlossene Szenen, die durch ein außermusikalisches Programm miteinander verbunden sind, sondern eine einheitliche Handlung, die sich nach den Gesetzen sinfonischer Dramaturgie entfaltet. Einige Besonderheiten der Sinfonie seien hervorgehoben. Der Held ist ebenjener Geiger (ein Solist, jedoch nicht der Konzertmeister des Orchesters). Der erste Satz der Sinfonie beginnt nach einer kurzen, hinter den Kulissen ertönenden Einleitung mit der Exposition des Hauptthemas aus dem ersten Satz des Violinkonzerts von Kara Karajew. Die Heldin ist eine Sängerin[14], darum bildet das vokale und verbale Element einen wichtigen Bestandteil der Partitur. Als Intonationspotential der „Orpheus-Sinfonie” dient eine Reihe, die in gewisser Weise den miteinander korrespondierenden Reihen der Violinkonzerte von Alban Berg und Kara Karajew ähnelt. Die „Dreiklang”-Grundlage aller drei Reihen ist offensichtlich. Klar ist außerdem, daß die Beziehung zwischen den Reihen nicht funktionalen, sondern klang-farbenen Wert hat. Faradsh Karajew nutzt die genetische Verwandtschaft der Intonations-qucllen meisterhaft und schafft so ein sehr weites „Feld” von Andeutungen, das sich auf die gegenseitige Durchdringung der Intonationsstrukturen gründet. Die romantische und zarte Musik entsteht aus melodischen Wellen von großer Ausdehnung und Fülle, und schon von ihrem Usprung her birgt sie sowohl einen Anflug von Empfindsamkeit als auch ein dramatisches Gespür in sich. In den Sätzen zwei (ein zartes Adagio) und drei (Scherzo) hat Faradsh Karajew thematisches Material aus seiner 2. Klaviersonate verwendet. Dies ist ein sehr eigenwilliger Blickwinkel der Retrospektive individueller Entwicklung: Es ist eine Sicht auf das gestrige „Ich” von der Position heutiger Erfahrung, Meisterschaft und ästhetischer Orientierung. Im Scherzo finden wir wiederum die bevorzugte Gegenüberstellung verschiedener Gestaltungsebenen: die Lyrik des Menschlichen in Eurydikes Arien und den strengen Mechanismus nichtiger Bewegung. Das Finale der Sinfonie enthält ein Duett von Orpheus und Eurydike. Aus den Skizzen des Komponisten: „Alles soll so göttlich schön sein, daß klar wird, der tragische Ausgang ist vorbestimmt: So etwas gibt es nicht… Die
Tragödie besteht in der Irrealität des Schönen, der Unerreichbarkeit des Ideals und nicht im Auftreten eines ,bösen Geistes' . . . Die Uhr hinter den Kulissen schlägt zwölfmal (so hat sie auch in der Einleitung geschlagen), die Zeit ist stehengeblieben: Es scheint, als hätte es die 20 Minuten Musik, die ganze Geschichte der Liebe, nicht gegeben.” Doch kehren wir zur Sonate für zwei Ausführende zurück. Ungewöhnlich ist ihr erster Satz: eine sehr ruhige, „einstimmige” Musik. Das Ausgangsmaterial ist ein einzelner, leiser, lang andauernder Ton des Klaviers. (Charakteristisch ist die Tempobezeichnung: Die Bewegungseinheit ist eine Viertelnote in 2,5 Sekunden.) Unwillkürlich drängen sich dem Ohr Obertöne auf. Ist es die Welt klingender Stille, gegenstandsloser Schönheit der tönenden Luft eines Sommermorgens? Die letzten Töne des Klaviers lösen sich in Stille auf, während die leisen, immer schwächer werdenden Glockenschläge noch andauern und die den ersten Satz abschließenden „Tropfen” des Vibraphons gleichsam verdunsten. Wenn ein Akkord (eine sehr einfache Harmonie) den Beginn des zweiten Satzes verkündet, klingt er wie ein erstes Wort, das nach langem Schweigen von Menschen, die einander verstehen, ausgesprochen wird. Darum setzt sich dieses „Wort” gleichsam im Gedächtnis fest und offenbart seinen Inhalt mehr und mehr: Von bezaubernder Stille „zerteilt”, erklingen einfache Akkorde, jeder von ihnen nicht weniger als 3 bis 5 Sekunden lang. In den ersten beiden Sätzen, die fast 20 Minuten dauern, ist die wichtigste Dynamikbezeichnung pp, ein Zunehmen der Lautstärke wird durch den Hinweis „quasi p” gefordert. Lediglich über einzelnen Tönen steht mp. Warum ist diese Stille, diese Entrücktheit, dieser Zustand vollkommener Ruhe innerlich so angespannt? Wie kompliziert ist manchmal gegenseitiges Verständnis, und wie einhellig erscheint manchmal Nicht-Verstehen! „Sie saßen auf dem kleinen Sofa, voneinander getrennt durch Stille und das Verbot, sich in die Augen zu sehen. Möge deine Hand mich liebkosen… Nichts weiter fordere von mir… Sei einfach glücklich mit mir.” (aus dem Libretto der Oper „Orpheus”) Ein in seiner unerbittlichen Sinnlosigkeit grausames Moto perpetuo bricht herein. Es zerstampft buchstäblich die zaghaften, unent- wegt neu hervorbrechenden Keime des Lyrischen. Woher kommt die schreiende Schroffheit der kontrastierenden Klanggestalten? Sie wirken nicht nur so furchtbar wegen ihrer aufdringlichen Ostinatoform, sondern auch deshalb, weil sich all dies ebenfalls leise vollzieht, ohne die geringste Andeutung von Genremerkmalen, wie etwa denen eines Marsches oder der Tokkata… Ist es die Nutzlosigkeit eines Ausbruchs, ist es angstvolles Zittern? Oder inneres Mitgefühl, das auf unüberwindbare Gleichgültigkeit stößt? Die Musik stellt weitere Fragen… Kehren wir zurück und wenden uns nun einem Werk zu, das beinahe zehn Jahre vor der Sonate für zwei Ausführende entstanden war: der 2. Klaviersonate. Damals ragte sie aus allem, was Faradsh Karajew bis dahin geschrieben hatte, heraus. In einem zweiteiligen Zyklus hatte der Komponist zwei kontrastierende Gefühlszustände scharf miteinander konfrontiert: den langsamen 'ersten Satz, der formal zwar dreiteilig, in seiner emotionalen Ausdrucksqualität jedoch absolut homogen ist, und das Finale – in ABCBA-Form, wobei C eine Reminiszenz des ersten Satzes darstellt, während die übrigen sehr eng miteinander ver-wobenen Episoden ein dynamisches Moto abgeben. Die milde, bezaubernde Lyrik und Zärtlichkeit (als Element des Guten) sind in der 2, Sonate gleichsam» gekoppelt mit nervös pulsierendem Hochspannungsstrom: Die förmlich surrenden Drähte leiten eine hohe Energie, bleiben dabei aber äußerlich absolut reglos. Der erste Satz der Sonate fasziniert auch heute durch die Genauigkeit, mit der hier kompositorische Absichten realisiert wurden. Und namentlich über dieses Werk kann man zu den Ursprüngen der Lyrik Faradsh Karajews vordringen, obwohl dies, will man eindeutige Erklärungen geben, immer noch hinreichend schwierig ist. Liegen sie bei Skrjabin? Oder vielleicht bei Berg? In seinem Vorwort zu Michail Tarakanows Buch „Das Musiktheatcr Alban Bergs” äußert Rodion Schtschedrin folgenden Gedanken: „Berg hatte ein hervorragendes Gespür für das Zeitmaß in der Musik, und ich würde sagen, daß gerade reine Opernpartituren dazu auffordern, ernsthaft über die vom musikalischen Material getragene Wechselbeziehung zwischen Zeit und Informationsdichte nachzudenken. In dieser Hinsicht sind die Werke
Bergs heute Klassik…” [15] Und während das Wechselverhältnis in Faradsh Karajews 2. Klaviersonate dieser Beschreibung nahekommt, ist es in allen folgenden Werken, beginnend mit der Sonate für zwei Ausführende, ein völlig anderes. An die Stelle konzentrierter Informationsdichte innerhalb eines ausgefüllten musikalischen Zeitstroms tritt das Prinzip der Auflösung, der Zersplitterung des thematischen Materials, findet der extensive Typ der Materialentwicklung seinen Ausdruck. Dieses Herangehen wird sowohl in „Journcy to lovc” als auch in „Tristessa II” zur Basis des musikalischen Denkens. Jedes dieser Werke übertrifft die bis 1976 geschaffenen Werke in Umfang und Dauer beträchtlich. [16] Möglicherweise sind die Wurzeln der neuartigen Lösung auch formaler Fragen beim aserbaidshanischen Mugam zu suchen? Die über einen großen Zeitraum hingezogene formale, emotionale uad assoziative Information, als deren keimbildende Ausgangsformel eine melodische Wendung dient (sie wird einer unablässigen variativen Transformation unterworfen, bleibt aber fürs Ohr doch immer erkennbar), wird im Mugam durch einen stark ausgeprägten extensiven Entwicklungstyp bestimmt. Hier dominiert das Sich-Versenken in die Musik, das Sich-Einhüllen-Lassen durch eine Vielzahl von klanglichen Nuancen bei andauerndem Verweilen in ein und demselben emotionalen Zustand. Nicht minder wichtig ist noch ein anderer Umstand: Im Mugam gibt es immer eine konkrete Vorstellungswelt (die häufig durch einen poetischen Text betont wird), wobei die Formen der melodischen und rhythmischen Entwicklung äußerst typisiert, ja durch bestimmte Regeln festgelegt sind. Doch weder in melodisch-rhythmischen Korrespondenzen mit dem aserbaidshanischen Volksmclos noch in den in „Journey to love” aufs Tonband aufgezeichneten Mugam-Ausschnitten sowie der Klangfarbe des Balaban [17] offenbart sich die natio- nale Bindung des Komponisten. Sie zeigt sich vielmehr in der tiefen Beziehung zu Prinzipien der musikalischen Ausdrucksweise des aserbaidshanischen Volkes, zur Ästhetik der nationalen Musik, wie sie in der Gattung des Mugam ihren vollkommenen Ausdruck findet. Die Wirkungsweise der Musik Faradsh Karajews ist der des Mugam in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Sie entwickelt sich sehr ruhig, ohne etwas Belehrendes, Deklaratives; sie trägt den Hörer einfach fort. Dabei verbindet sich das hohe Maß an Suggestivkraft in Faradsh Karajews Musik durchaus mit einem recht „kühlen emotionalen Klima”. Es ist nun an der Zeit, danach zu fragen, was gegenwärtig das Wesen der kompositorischen Individualität Faradsh Karajews ausmacht. In seiner Gesamtheit setzt sich das kompositorische Material seiner Werke aus drei musikalischen Sprachebenen zusammen: 1. Einfache, eindeutige Zeichen, die den assoziativen Gehalt konkretisieren. Sie sind im allgemeinen als Tonbandaufzeichnung fixiert: das Weinen eines Kindes, der Klang aserbaidshanischer Volksinstrumente, einzelne Mugam-Wendungen, Jazz und konkrete Geräusche (wie z. B. ein Türgong, Geräusche des Meeres, Möwenschreie). Ihre Wirkung ist vom Prinzip her elementar: Die konkrete Assoziation ist vorbestimmt. (Mitunter wird sie direkt aufgedrängt.) Allerdings ist die Rolle des Jazz durchaus nicht so eindeutig; hierüber wird speziell zu reden sein. Das Intonationsvokabular Faradsh Karajews hat sich nicht ohne merklichen Einfluß der Jazzmusik herausgebildet. [18] Am meisten zeigt sich dies in der harmonischen Sprache. Im Kontext großer sinfonischer Konzeptionen (Konzert für Klavier, „Journey to love”) spielt die Einbeziehung des Jazz eine wichtige dramaturgische Rolle. So erfüllt das „Liedchen” auf Verse von E. E. Cummings im Monodrama „Journey to love” die Funktion einer eigenwilligen Verfremdung: Es steht gewissermaßen als pastorales Scherzo. Seine Grundstimmung ist eine gütige Traurigkeit. Überraschend schlicht ist hier die Coupletform, die in die sinfonischen Vorgänge einbricht. Jedes Couplet ist zweiteilig. Der erste Teil (A) ist eine jazzartige Rezitativform über gehaltenen Akkorden. Der zweite Teil, rhythmisch scharf akzentuiert und an Beatrhythmen erinnernd, ruft im Kontext aleatorischer Passagen unwillkürlich den Eindruck von etwas Mechanischem hervor. Man kann feststellen, daß der Jazz in Fa-radsh Karajews Schaffen – mit dem Klavierkonzert beginnend – die Bedeutung des Symbols für einfache, gute, natürliche menschliche Gefühlsäußerung annimmt. 2. Die zweite Sprachebene besteht aus komplizierten „sekundären” Zeichen in Form von Allusionen, die sich auf eine gewisse Musikerfahrung, auf das Mitdenken des Hörers stützen. Sie werden aus musikalischen Quellen gewonnen, die auf irgendeine Weise die stilistische Entwicklung des Komponisten mitgeprägt, stimuliert haben. Ein hohes Niveau kompositorischer Meisterschaft erlaubt solchen Umgang mit „fremdem” Material in weitestem Umfang – von der kaum erkennbaren, zarten Anspielung bis zum offenen Zitat. Als Beispiel einer interessanten, gelungenen Entlehnung mag die Anleihe der Reihe aus Alban Bergs „Lyrischer Suite” für das Monodrama „Journey to lovc” dienen. Faradsh Ka-rajew vermeidet jegliche Ähnlichkeit der thematischen Gebilde sowie eine Übernahme der Satzweise und nutzt andere Prinzipien der Materialinformation und -entwicklung. Im Grunde genommen bleibt sie lediglich ein „Zeichen” – ein Zeichen für „den lyrischen Alban Berg” –, bleibt die Nähe der emotionalen Atmosphäre, die der Komponist in seiner-Partitur sehr indirekt reflektiert. Ein anderes, sehr aufschlußreiches Beispiel ist ein Wendepunkt im Finale des'Klavierkonzertes (von dem bereits die Rede war). Die Rcpetitionen der Blechbläser rufen eindeutig eine bestimmte Stelle aus Strawinskys „Psalmensinfonie” ins Gedächtnis. D-Dur erscheint, und statt des erwarteten „Wie – bei – Strawinsky” – erfönt ein Türgong (mit einem melodischen Motiv). Gleichsam in die sich öffnende Tür brechen rhythmisch akzentuierte, erregte Jazzklänge. Die Allusion erfüllt hier die Funktion eines plastisch ausgeformten Vorbereitungsteils, einer Vorankündigung, und spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivierung und Orientierung der Werkrezeption. Es läßt sich eine große Zahl von „Quasi-Zitaten” anführen, von Collagen, die sich organisch in den eigenen Sprachduktus Faradsh Karajews einfügen. Ein Fakt erscheint dabei jedoch besonders wichtig. Während die unter 1. genannten Zeichen als Kontrapunkt zum „eigenen” Notentext auftreten, sind die unter 2. genannten in allen Varianten absolut in diesen integriert. 3. Als dritte Sprachebene schließlich steht das eigene Intonationsmaterial, das den breitesten Raum in Faradsh Karajews Werken einnimmt. Stichpunktartig könnte man diese Ebene etwa wie folgt umreißen: Der Komponist, der sich eines Minimums an Ausdrucksmitteln bedient, schafft ein nahezu homogenes Material und infolgedessen ein einheitliches Klangereignis über einen beträchtlichen Zeitabschnitt hinweg. Faradsh Karajews Reihen sind immer weiträumig (vor allem in harmonischer Hinsicht). Völlig frei werden aus ihnen weiche, oberton-reiche Harmonien abgeleitet. So zum Beispiel der kleine Moll-Nonenakkord in „Wiedersehen” nach Graves oder die beiden gleichzeitig beinahe in allen Dimensionen der „Tristessa II”-Musik erklingenden Moll-Dreiklänge auf h und eis, die den Tonraum vom minimalen bis zum vollen Umfang ausfüllen. Die hier genannten drei Gestaltungsebenen fügen sich zu einer geschlossenen Konzeption origineller, von Werk zu Werk immer organischer eingesetzter dramaturgischer Mittel. Das Knäuel wechselseitig miteinander verbundener Zeichen der Konkretisierung und der indirekten Vermittlung von Aussagen läßt sich in „Journey to love” vielleicht noch am ehesten entwirren. Als zentrale „handelnde Personen” treten hier die Klangfarbe des Soprans, der poetische Text und die vokale Melodik auf. Doch erscheint dies alles – freilich in unterschiedlichem Maße - wiederum nur vermittelt: Der Text wird nicht in russischer Sprache gesungen, der Held ist ein Mann, obwohl der Solopart einer Frauenstimme übertragen ist, die vokale Melodik ist kompliziert und sehr beweglich. Andererseits gibt es feine ganz konkrete Assoziationsreihe, die ein menschenwürdiges Gefühl für diese Erde auslösen möchte.
Leicht verfolgbar wird der Inhalt dem Hörer nahegebracht. Man hört das Heulen des Windes, Geräusche des Meeres und einer nacht-liehen Stadt, Klänge des typisch aserbaidshanischen Balaban und des Mugams Segjach sowie Jazzmusik – als würden sie in weit geöffnete Fenster dringen… Ein Charaktcristikum des Karajewschen Kompusitionsstils zeichnet sich ab: Jedem Werk liegt eine sehr konkrete Idee zugrunde. Als würde ihm an einer Verallgemeinerung seiner Konzeption wenig gelegen sein,” erklärt Faradsh Karajew offen, worum es ihm in seinem Werk geht. Gleichzeitig ist seine Ausdrucksweise doch mittelbar, und die rein musikalische Exprcssivität tendiert zur Verallgemeinerung. Zweifellos nehmen der typisierte Charakter und die Objektivierbarkeit des musikalischen Ganzen einen wichtigen Platz ein. Die Konkretisierung der mit „Tristessa II” verfolgten Absicht (die Benennung erfolgte in der seltenen Provence-Variante des italienischen „tristezza” bzw. des englischen „tristesse”) unterscheidet sich erheblich von den beiden vorangegangenen Werken. Hier gibt es keine Tonbandaufzeichnungen mit elementaren, der Orientierung dienenden Zeichen, doch ist der Komposition eine konkrete Widmung vorangestellt: „Meinem Vater, Lehrer und Freund”. „Tristessa II” ist ein Stück für zwei Orchester: Sinfonie- und Kammerorchester. [19] Die Komposition ist dementsprechend in zwei Partituren niedergeschrieben, und sie wird auch von zwei Dirigenten realisiert. Das Themenmaterial gliedert sich in eine große ”Rondoform, als deren bewegliches „Relief” drei Klavierpräludieri Kara Karajews dienen. Der Refrain wird geprägt durch einen komplizierten Sechstonkomplex, der aus zwei Molldrei-klängcn (auf eis und h) besteht und mit diffizilen Mitteln der Aleatorik organisiert ist. [20]Die Präludien Kara Karajews werden vom Dirigenten des großen Orchesters am Klavier gespielt, wobei er sich beim letzten Mal nur au den Flügel setzt, ohne zu spielen: Das cis-Moll-Präludium erklingt entweder hinter der Bühne oder aus Stereolautsprechern. In jedem Falle soll der Effekt eines „defekten Grammophons” entstehen. Wir führen das Formschema des Werkes an, weil es diesmal besondere Aufmerksamkeit verdient. Es ist ein Beispiel für die sehr genaue Realisierung einer komplizierten Konzeption hinsichtlich des verborgen programmatischen Inhalts wie auch der Musikdramatur- B (Präludium gis-Moll); A [aca]; D (Präludium A-Dur); E [aca]; F (Präludium cis-Moll) Die Exposition der Grundgestalt ist dem Klavier sowie den Streichern des großen Orchesters übertragen. Bis zum Abschluß der großen, quasi konzentrischen Form BAD (bei der A sich als dreiteilig mit einem sich entwickelnden, gleichsam aufkeimenden Mittelteil aca erweist) pausieren das Kammerorchester sowie die Bläsergruppe des großen Orchesters. Wichtigste Klanggestalt dieses Abschnittes ist die klingende Stille (pppp, niente, quasi niente). Das dramatische Zentrum des Werkes ist ein großer Abschnitt E A. Hier ist das Kammerorchester eingesetzt: Hörner und Bratschen schaffen aus dem Sechstonkomplex einen bis zum Ende des Werkes gehaltenen Klangteppich, über dem Altflöte, Oboe d'amore und Bassctthorn „dolee, quasi impro-visando” einfache, von echtem Gefühl und hoffnungsvoller Trauer erfüllte, melodische Wendungen intonieren. Die Interpreten wechseln nahezu improvisatorisch frei die Art und Weise ihres Zusammenspiels und der Klangerzeugung: Vom weichklingenden sul tasto gehen sie zum „metallischen” sul ponficello über, zum Vierteltonvibrato und schließlich zum Glissando. Dieses Glissando läßt den unklaren Klangteppich in eine gut erkennbare Dreiklangharmonik mit einem sich ständig geringfügig verändernden Klanggeflecht im Rahmen der beibehaltenen harmonischen Grundstruktur übergehen. Bei all dem werden die Klangdauern frei variiert: beschleunigt oder verlangsamt. Die Musik atmet also, bewegt von einem unbeeinflußbaren Motor des Daseins. Vor diesem klanglichen Hintergrund führt das große Orchester sein eigenes, intensives Leben mit seinen Ausbrüchen und Rückfällen, mit seinen Erschütterungen und Entbehrungen, mit seinen großen Hoffnungen und seinen kleinen Sorgen, seinen Errungenschaften und Niederlagen, seinen starken Leidenschaften und momentanen Stimmungen. Faradsh Karajew, der es meisterhaft versteht, das nicht sehr umfangreiche, jedoch gehaltvolle Präludium seines Vaters weiterzuentwickeln und darin komplizierte Gefühlszuständc zum Ausdruck zu bringen, schafft eine ganze Welt realen Lebens, eine Welt der Liebe, der Leidenschaft und der Trauer. Sehr eindrucksvoll sind die durch Lunga-Fermaten geschaffenen Pausen, die die gesamte Partitur des großen Orchesters durchziehen. Gerade dann hört man, wenngleich nur leise, den beständigen, vom übrigen Geschehen unabhängigen Klanggrund des kleinen Orchesters. Daß er immer wieder durchbricht, verleiht der emotionalen Grundstimmung der Musik eine gewisse Stabilität. „Tristcssa II” ist ein Beispiel für die meisterhafte Dramaturgie Faradsh Karajews, der wohl stärksten Seite seiner kompositorischen Begabung. Im gleichen Werk äußert sich auch seine Affinität zu einer, plastischen, ja szenisch-anschaulichen Instrumentalmusik und Musizierweise überhaupt. Als markantes Beispiel mag die inhaltlich zugespitzte Kulmination in „Journey to love” dienen. Nach dem schlichten und offenherzigen „Liedchen” auf Verse von E. E. Cummings folgt ein sehr ernstes „Adagio der Gefühle” mit filigran ausgearbeiteter Instrumentalbegleitung – eine dreiteilige Form, in deren äußeren Teilen der Vokalpart dominiert, während im Mittelteil das Orchester bestimmend ist. Dabei ist der Orchesterpart zwischen drei Streichquartetten aufgeteilt (zum dritten gehören drei Violinen und eine Bratsche), die möglichst weit voneinander angeordnet sind und unabhängig voneinander ihre „eigene” Musik spie-Jen sollen. Als Textgrundlage dieses Abschnit- tes diente ein von tiefer Wehmut erfülltes Gedicht des peruanischen Dichters Cesar Vallejo „Bitterer Nachgeschmack”. Im Lärm der Menge und hupender Autos erklingen die traurigen Worte, die die völlige Verwirrung des Helden widerspiegeln. Die Reprise des Zyklus beginnt. Wieder sind Klänge eines Akkordeons zu hören. Doch sind sie diesmal an die Tonika gebunden – ein gehaltenes c des Balaban. Überaus unaufdringlich, beinahe unmerklich nimmt die Musik eine nationale Färbung an. Es folgt von Nazim Hikmet das Gedicht „Paris ohne dich” (der Hinweis im Vokalpart lautet: „quasi Mugam”). Ein gewisser Genrecharakter – der der Sicilianos – zeigt sich lediglich in der Coda des Zyklus, und das traurige e als Tonikagrundlage der Mugam-tonart Segjach bleibt (in der Altflötc und der Baßklarinette) bis zum Schluß des Werkes als liegender Ton erhalten. Und durch das Rauschen von Wind und Regen dringt die letzte Frage zu uns: „Ist es schrecklich, heftig zu lieben?” Grundlage der Werke Faradsh Karajews sind also menschliche Gefühle, Empfindungen, die sich selbst mit so sensiblen künstlerischen Mitteln, wie sie der Musik zur Verfügung stehen, schwer „materialisieren” lassen: zerbrechliche Integrität, seelische Verletzbarkeit, Zärtlichkeit, Güte. Doch wie nötig bedarf der Mensch, ja die Menschheit dieser Gefühle im Kampf gegen geistige Armut, gegen sinnlose und nichtige Betriebsamkeit, mit der auf dem Leben herumgetreten wird, gegen Gleichgültigkeit und die Aggressivität des Bösen. Besinnung, Licht, Ruhe, völlige Stille, das Sich-Zurechtfinden in der Welt, ein Sonnenstrahl, die komplizierten Gefühle des Sohnes gegenüber seinem Vater – dies sind Fragen und Momente, die Faradsh Karajew mit seiner Musik berühren möchte. Der Humanismus seiner psychologisch sehr diffizilen Musik entsteht, so scheint es, aVis einem tiefen, das Wesen des Musikers durchdringenden Gefühl der Anteilnahme für die Leiden wie für das Glück der Mcnscheii. Seine Musik ist nicht einfach. Sicher erscheint sie nicht in allem und für alle gleichermaßen zwingend. Doch am wichtigsten ist, daß sie nicht gleichgültig läßt. Sie fesselt den Hörer, zwingt ihn nachzudenken. Diese Musik wirkt auf den Hörer ein. Gespräch mit Faradsh Karajew1 Sie haben in Ihrem Monodrama „Joumey to love” Verse unterschiedlichster Dichter verwendet. Unter welchem Aspekt erfolgte die T extauswahl? Ich habe die Texte nach einem ganz bestimmten dramaturgischen Plan zusammengestellt, in ihrer jetzigen Abfolge ergeben sie direkt eine Art Libretto. Und obwohl es sich um Verse sehr verschiedener Dichter in der Originalsprache handelt, kann man doch eine dem Werk zugrunde liegende Linie erkennen. Wollte man sie entschlüsseln, so würde sich eine kleine Geschichte der Liebe ergeben. Die Geschichte einer reinen Liebe – mit den Problemen, die es in solcher Beziehung zwischen Mann und Frau gibt, auch die Geschichte der Untreue und schließlich die Rückkehr zu dem, was einmal gewesen ist. „Wie schwer ist es für mich, ohne dich zu leben.” Vielleicht ist es für manchen ein Stück Biographic, vielleicht gibt es auch etwas Autobiographisches darin. In dieser Richtung jedenfalls habe ich die Verse zu einem einheitlichen Libretto zu fügen versucht. Daß es völlig unterschiedliche Autoren und verschiedene Sprachen sind, spielt für mich dabei keine Rolle. Jeder Text setzt für mich logisch den vorangegangenen fort. Wurde die Auswahl von literarischen Vorlieben bestimmt? Nein, das würde ich nicht sagen, auch wenn Nazim Hikmet zu den Autoren gehört, die ich ganz besonders mag. Nein, ich sagte es schon, die Textzusammenstellung wurde grundsätzlich durch die inhaltlich-dramaturgische Idee bestimmt. Vielleicht hat auch der Gedanke der völkerverbindenden Gleichartigkeit dieser Thematik eine Bedeutung gehabt, dies aber mehr indirekt. Welche Schriftsteller und Lyriker stehen Ihnen besonders nahe? Das ist schwer einzugrenzen, weil es hierbei auch immer Veränderungen gibt. Leider habe ich einen solchen Dichter wie den Spanier Juan Ramön Jimenez erst sehr spät für mich entdeckt. Er ist für mich einer der wichtigsten Lyriker des 20. Jahrhunderts überhaupt. Seine Dichtung liegt uns in hervorragenden Übersetzungen von Anatoli Gcleskul vor. Jimenez' Lyrik birgt eine ganze Welt – mit ihren Vorstellungen, Leidenschaften, Fragen um Leben und Tod -, und diese Welt steht mir sehr nahe. Ich habe mehrere Projekte zur Vertonung seiner Dichtung, darunter zwei Liederzyklen und eine Kantate. Wenn ich nicht so fest überzeugt wäre, daß man Texte immer in der Originalsprache vertonen muß, würde ich sie in der sehr guten Übersetzung Geleskuls komponieren. Aber ich habe die spanischen Originaltexte, und ich bin der Meinung, daß ihr Sinn in Verbindung mit Musik verständlich wird. Haben Sie es sich zum Prinzip gemacht, Texte in der Originalsprache zu verwenden? Nicht von vornherein. Aber es hat sich dann so ergeben. Sehen Sie, die türkische Sprache zum Beispiel ist dem Aserbaidshanischen sehr ähnlich. Ich kann Hikmets Dichtung nahezu ohne Wörterbuch lesen. Und obwohl es auch von Hikmets Werken hervorragende Übersetzungen gibt, ziehe ich in diesem Falle doch das Original vor. Im Beitrag von Oleg Felser und Alla Bre-tanizkaja -jwird gesagt, daß Sie „fremde” Musik mit verschiedener dramaturgischer Funktion in die eigene einbeziehen. Wie stehen Sie dazu? 1 Das Gespräch mit dem Komponisten führte Hannc-lore Gerlach am 24. 9. 87 in Moskau. – d. Red.
Ich suche immer die natürlichste kompositorische Ausgangsposition, die natürlichste Ausdrucksform, die natürlichste Betrachtungsweise dessen, worüber ich mich äußern will. Wenn ich nun intuitiv zu einem bestimmten Gestaltungsmittel greife, und seien es Geräusche des Meeres, Jazzklänge oder auch das Motiv eines Türgongs, dann lege ich mir keine Rechenschaft darüber ab, warum ich es tue. Ich benutze einfach, was mir am geeignetsten erscheint, um meine subjektive Idee zum Ausdruck zu bringen. Solche außermusikalischen oder aus fremder Musik stammenden Klänge erfüllen gar nicht unbedingt eine sehr tiefgründige dramaturgische Funktion. Ich verwende sie vielmehr als ganz normale Komponenten meiner Komposition, als Strukturelement – so wie eine melodische Wendung, einen Rhythmus, eine bestimmte Harmonie oder Klangfarbe. Fürchten Sie nicht, daß man Ihnen einen Mangel an eigener Phantasie nachsagen könnte? Diese Gefahr besteht natürlich. Aber hier halte ich es mit dem Sprichwort: „Wer nichts riskiert, kann nichts gewinnen.” Wenn man bei der künstlerischen Arbeit bestimmte Ergebnisse erzielen will, muß man auch den Mut zum Experiment, zum Risiko haben. Sie haben Ihre Serenade für kleines Sinfonieorchester „1791” im Jahre 1983 abgeschlossen, der Titel verweist auf das Sterbejahr Mo-Zärts, dem bereits eine andere Arbeit – mit dem umfangreichen Titel „Ich habe mich von Mozart auf der Karlsbrücke in Prag verabschiedet” – gewidmet war. Diese Komposition ist gewissermaßen eine Vorarbeit zur Orchesterserenade „1791”. Sie entstand 1982, zwei Monate nach dem Tod meines Vaters. Ich hatte aus Prag einen Kompositionsauftrag erhalten, und meine Verfassung war nicht die beste. Um mein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden und mich überhaupt wieder konzentrieren und arbeiten zu können, spielte ich in dieser Zeit sehr viel Musik am Klavier durch. Zu diesen Werken gehörte auch Mozarts „Requiem”. Irgendwie ergaben sich dann solche Assoziationen: ein Kompositionsauftrag aus Prag. Mozart war gern in Prag, er hatte dort Erfolg, er mochte diese Stadt. Die Idee fügte sich zu einem Ganzen. Auch für den Titel gab es Anregungen, aber ich gebe zu, er ist nicht sehr originell. Viele Ihrer Werke sind noch nicht einmal uraufgeführt worden. Neben einigen unglück- lichen Zufällen könnte das auch an der ausgefallenen Besetzung einiger Ihrer Kompositionen liegen, so zum Beispiel, wenn Sie – wie in „Journey to love” – drei Klaviere vorschreiben? Natürlich mag die Besetzung bisweilen hinderlich sein. Aber ich sage mir auch: Daß es mit einer Aufführung schwierig werden wird, weiß ich ohnehin, also schreibe ich gleich so, wie ich wirklich möchte. Und wenn ich sehe, daß sich eine Aufführung nur unter ungünstigen Bedingungen ermöglichen läßt, verzichte ich lieber darauf und warte geduldig auf eine bessere Gelegenheit. Ich habe in mehreren Beiträgen sowjetischer Autoren gelesen, daß Ihre Musik. Beziehungen Zur aserbaidshanischen V' olksmusiktradition des Mugam aufweist. Stimmt das? Der Mugam ist ja ein sehr vieldeutiger Begriff : Er kann eine musikalische Gattung bezeichnen, er kann einen konkreten Formverlauf bezeichnen, und er ist der Name einer Tonart. Der Mugam ist aber auch eine bestimmte Art und Weise des musikalischen Denkens. Und sicher muß man ihn, bezogen auf meine Musik, in dieser Richtung verstehen. Betrifft das nicht auch beispielsweise die zeitliche Ausdehnung vor allem Ihrer letzten Werke? Ja, gerade hier mag es einen Zusammenhang geben. Der Mugam ist, obwohl er eine ausgedehnte Form ist, zugleich sehr konzentriert. Man kann natürlich lange reden und nichts sagen, aber im Mugam wird in jedem Moment sehr viel gesagt; jeder Moment enthält neue musikalische Informationen. Und doch handelt es sich um eine Musik, die sich nur langsam, allmählich entfaltet. Das wird einem wahrscheinlich in die Wiege gelegt. Wenn man also meine Musik unter musikwissenschaftlichem Aspekt analysieren würde, fände man sicher keine tonartlichen Übereinstimmungen, keine Intonationsbezichungen. Nach meiner Ansicht hat sich Frangis Ali-sade zu diesen Fragen in der Juli-Nummer der Zeitschrift „Sowjetskaja musyka” sehr richtig und treffend geäußert. Welche Wirkung auf den Hörer erhoffen Sie sich von Ihrer Musik? Ideal wäre natürlich, daß sie irgendeine Resonanz findet, daß der Hörer seine Gedanken in die gleiche Richtung lenkt, in die sie zuvor der Komponist gelenkt hat, daß seine Gefühle denen des Komponisten ähneln, daß er vom Komponisten gleichsam hypnotisiert, auf sich selbst zurückgeführt und gezwungen wird, in gleicher Weise wie der Komponist nachzudenken. Allerdings gelingt das sehr selten. Sie sagen „hypnotisiert”. Haben Sie keine Bedenken, daß der Hörer selbst zu passiv bleibt? Nein, überhaupt nicht. Wissen Sie, jeder Begriff, jede philosophische Betrachtungsweise hat inzwischen ihre Konturen verändert, und was gestern noch ungünstig oder gar gefährlich schien, hat sich heute als absolut nützlich, einfach und plausibel erwiesen. Wenn sie der Musik eine bestimmte Suggestivkraft einräumen, dann wäre es interessant Zu erfahren, in welcher Weise Sie sich eine Beeinflussung des Hörers wünschen? Ich gehe davon aus, daß der Komponist in sein Werk das Allerbeste einbringt: das Besondere seines individuellen und seines nationalen Charakters, seine subjektiven Ansichten, sein Verhältnis zur Gesellschaft, zur Kunst, das Beste dessen, was er fühlt und dciikt – eine Art Bekenntnis zum Guten und zu sich selbst, vielleicht auch eine Offenbarung seiner selbst. Wenn er dies tut, dann möchte ich, vereinfacht gesagt, daß sich etwas von diesem Guten auch auf den Hörer überträgt, etwas von der in der Musik zum Ausdruck kommenden menschlichen Güte, von der moralischen Integrität, der Reinheit der Gedanken… Ich möchte, daß die Gefühle und Gedanken des Hörers durch die Musik „gereinigt”, geläutert werden. 7.ur Zeit wird viel über den Begriff der Schönheit und des Schönen in der Musik gestritten. Wie ist Ihre Meinung dazu? Ich glaube, daß man zwischen krassiwost -Schönheit als visuell oder akustisch angenehmem Äußeren – und krassota – der inneren Schönheit, der Lauterkeit eines Gefühls, einer Haftung – unterscheiden muß. Ich sehe Schönheit in der Realisierung einer erhabenen Idee, eines Ideals, selbst dann, wenn die Realisierung als furchtbar oder tragisch erscheint. Es geht hier schlechthin um die Verkörperung des Guten. Haben Sie diese Kategorie des Schönen -übertragen in klangliche Schönheit – in Ihren Werken zu realisieren versucht? Simpel gesagt: das „Rauschen des Meeres” in einer eingeblendeten Tonbandaufnahme als Symbol für die Schönheit der Natur? Nein, das würde ich nicht sagen. Hier geht es um etwas anderes. Diese Tonbandeinspie-lung ist einfach eine Komponente der kompositorischen Struktur, nicht mehr und nicht weniger. Birgt die Vieldeutigkeit, die Mißverständlichkeit gerade solcher musikalischer Zeichen nicht Gefahren für das Verständnis ihrer Musik? Nein. Ich habe nichts dagegen, wenn die Hörer meine Musik sehr unterschiedlich aufnehmen. Natürlich wünsche ich mir, daß der Zuhörer gut vorgebildet ist, daß sich bei ihm mit der Musik, die er hört, auch bestimmte Gedanken, bestimmte Assoziationen einstellen. Wenn dies nicht der Fall wäre, würden mir auch keine konkreten Klänge helfen. Welche Komponisten waren für Sie während Ihrer künstlerischen Entwicklung besonders wichtig? Wir alle durchlaufen eine bis heute andauernde Zeit verschiedenartigster Einflüsse, das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Aber ich würde schon sagen, daß die Werke von Strawinsky und Webern für mich nach wie vor eine besondere Bedeutung haben. 1988 findet in Baku das zweite Kara-Kara-jew-Festival zeitgenössischer Musik statt. Wann wurde es ins Leben gerufen, und welches Anliegen verbindet sich mit diesem neuen Musikfest? Das erste Festival fand im März 1986 in Baku unter dem Motto „Musik des 20. Jahrhunderts” statt. Veranstalter waren das Ministerium für Kultur der Aserbaidshanischen SSR und die Staatliche Philharmonie der Aserbaidshanischen SSR. Er erklangen sinfonische Werke und Kammermusik von Komponisten aus der UdSSR sowie aus dem internationalen Musikschaffen dieses Jahrhunderts, so unter anderem von Schostakowitsch, Kara Karajew, Schtschedrin, Gubaidulina, Silwestrow, Schönberg, Webern, Strawinsky, Ives, Messiaen, Lutoslawski, Cage, Crumb und vielen anderen. Als Interpreten wirkten namhafte sowjetische Solisten und Klangkörper mit, beispielsweise das Staatliche Aserbaidshanische Sinfonieorchester unter Ra'uf Abdullajew, einem der Initiatoren dieses Festivals. Im Musikleben unserer Republik und unserer Hauptstadt hatte es in den letzten Jahren eine merkliche Stagnation gegeben. Das Sinfo-nieorcheser und die Philharmonie waren nicht sehr aktiv, es fanden kaum besondere Konzerte statt. Als jüngere Künstler die Leitung dieser Einrichtung übernahmen, verband sich damit auch eine Belebung des musikkulturellen Alltags. Wir glaubten, daß ein Festival, das speziell der zeitgenössischen Musik gewidmet ist, Interpreten wie Hörer aktivieren könnte. Das Festival soll alle zwei Jahre stattfinden, wir möchten es gründlich vorbereiten. Das ist schon deshalb nötig, weil es ja vor allem um die Propagierung neuer Werke unserer Komponisten, aber auch „klassischer” Werke des 20. Jahrhunderts, die bisher bei uns gar nicht oder nur selten erklungen sind, geht. Sie haben zusammen mit Ihrem Vater die Musik zu Konrad Wolfs Film „Goya” geschrieben. Wann war das? Das war gleich zu Anfang der siebziger Jahre, 1970 oder 1971. Wir waren in Babelsberg und sind dort mit Konrad Wolf zusammengetroffen. Er war ein großer, wirklicher Künstler und außerdem ein wunderbarer, gütiger und sehr vielseitig interessierter Mensch. Abgesehen davon, daß die Zusammenarbeit für uns überaus nützlich und interessant war, war es rein menschlich sehr angenehm, mit ihm zu tun zu haben. Er war ein interessanter Gesprächspartner, weil er sehr vieles wußte, sei es auf dem Gebiet der Literatur, der Musik oder der Kunstgeschichte. Für mich brachten die Begegnungen mit ihm unvergeßliche Abende. Die Arbeit selbst war sehr konzentriert, es herrschte eine äußerst angenehme Atmosphäre. Was haben Sie nach Ihrer Kammermusik „A little crumb of music…” komponiert? Nach 1985 habe ich mehrere Bearbeitungen vorhandener Werke vorgenommen, jetzt beschäftige ich mich mit einem großen sinfonischen Werk: „Fatalite”. Der Titel hat eine Doppelbedeutung: Im 19. Jahrhundert lebte der große aserbaidshanische Dichter, Aufklärer und Philosoph Mirsa Fatali Achundow. Er ist der Begründer der aserbaidshanischen Dramatik. Sein Schicksal hat der aserbaidshanische Schriftsteller Tschingis Hüssejnow in seinem Roman „Fatali oder Die betrogenen Sterne” 2 gestaltet. Unter dem Eindruck dieses Romans entstand die Komposition, deren Titel sowohl auf die französische Bedeutung des Wortes als auch auf den Namen Achundows anspielt. Der Roman ist übrigens in drei Kapitel eingeteilt, die Überschriften einer Programmsinfonie sein könnten. Der erste Teil heißt: „Nicht enden wollende Krise der Illusionen”, der zweite „Ein Hoffnungsfunke” und der dritte „Der Zusammenbruch”. Das ist wie das Programm einer Sinfonie! 2 Tschingis Hüssejnows Roman „Fatali oder Die betrogenen Sterne” erschien 1986 im Verlag Volk und Welt. – d. Red.
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